Hoher Anspruch bis zum letzten Ton

Foto: Peter Samer, mit freundlicher Genehmigung

Chorkonzert – Ingrid Czaika verabschiedet sich vom Colloquium Chor mit Gegensätzen – 300 Zuhörer im Festspielhaus
Von Klaus Bielenberg, Mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung

Die zehnjährige Arbeit Ingrid Czaikas und ihre Aufführungspraxis mit dem Colloquium Chor Füssen trug stets das Etikett «hoher Anspruch». Wie konnte es anders sein, als dass sie auch ihrem letzten Konzert mit dieser Chorgemeinschaft, dem Chor Cantomania aus Innsbruck, einer sinfonischen Orchesterbesetzung und den Solisten Barbara Camenzind (Sopran), Christoph Rösel (Tenor) und Florian Kresser (Bass) ihren besonderen Stempel aufdrückte. Vor eindrucksvoller Kulisse im Festspielhaus Füssen ließen die Mitwirkenden für die etwa 300 Zuhörer das avantgardistische Werk «Luna Chiarina» von Manuela Kerer und die spätromantische «Messa di Gloria» von Giacomo Puccini erklingen. Es war ohne Zweifel ein gewagter Gegensatz, so wie ihn Ingrid Czaika liebt.

Zum Zerreißen gespannt

In «Luna Chiarina» freute sich Barbara Camenzind, die auch Komponistin ist, in die Rolle von Clara Schumann hineinschlüpfen zu können und deren Person wie auch die Gegen-Stimmen ihrer Umwelt in abgerissenen Textfragmenten mit unkonventionellen musikalischen Mitteln darzustellen. So verlieh sie ihrer Stimme die Zerrissenheit zwischen den familiären Sorgen und dem Bedürfnis eigener kompositorischer Tätigkeit. Sie drückte auch die Selbstzweifel gegenüber der künstlerischen Tätigkeit einer Frau aus.

Dies verlangte einfühlende, sensible Stimmschattierungen, dynamische Beweglichkeit, eine sichere Führung bis in die höchsten zum Zerreißen gespannten Lagen. Zugleich musste das Spiel mit Mimik und Gestik beherrscht werden.

Die Kommentare kamen von Sprechern, die Reflexionen vom Orchester mit Schrägtönen, Cluster, perkussiven Elementen, ungewöhnlichen Geräuschen wie das Küssen der Mundstücke beim ersten Kuss mit Robert, mit Sphären-Klängen beim Träumen des Kindes. Gekonnt drückte der Chor im Hintergrund Begeisterung und Unverständnis zum Beispiel im Gemurmel aus.

Nach diesem interessanten, für manche vielleicht gewöhnungsbedürftigen Werk, folgte die wirkungsmächtige Messe Puccinis. Mit klarem, sensibel einfühlendem Dirigat führte Ingrid Czaika Chor, Solisten und Orchester durch diese klangschöne Komposition. Nach melodischem Orchestervorspiel erklang zart und filigran das Kyrie. Beim volkstümlich jubelnden Gloria hätte man sich – besonders in den Unisono-Stellen – noch mehr feierliche Wucht gewünscht.

Die Steigerung der groß angelegten «Cum sancto spiritu»-Fuge oder der variative Kanon beim «Qui tollis» mit differenzierter Orchesterbegleitung gelangen gut.

Ein effektvoller Kontrast

Ein volltönendes, in den Höhen opernhaft strahlendes Organ bewies Christoph Rösel in der Arie «Gratias agimus». Im Credo waren der A-capella-Satz «Et incarnatus est» mit dem Tenor-Solo und die folgenden großartigen Entfaltungen mit dem «ex-Maria»-Motiv sehr wirkungsvoll angelegt. Ausdrucksstark, mit düster-eindringlichem Pathos sang mit weichem, biegsamem Bass Florian Kresser das «Crucifixus». Ein effektvoller Kontrast zeigte sich im Solo der beiden Männerstimmen im Agnus-Dei, das zusammen mit Chor und Orchester in tänzerischer Eleganz vorgetragen wurde.

Blumen und viel Beifall gab es für die reife Gesamtleistung. Sie war nicht zuletzt das Verdienst von Ingrid Czaika, die damit nach zehn Jahren in Füssen ihren wirkungsvollen Schlusspunkt setzte.